Nach dreißig Jahren trafen wir uns wieder. Ich war super aufgeregt. Ich hatte über all die Jahre immer mal wieder an Hartmut gedacht, was er wohl in all den Jahren erlebt hatte? Welcher Mensch er jetzt war? Immer noch so kraftvoll und voller Verantwortung für die Menschen die in seinem Herzen sind, wie in unserer Jugend? Immer noch der Fels in der Brandung? Der Held?
Während ich zu unserem Treffpunkt ging, überlege ich, was seitdem alles passiert ist. Ich hatte die neugewonnenen Freiheit nach der Wende genutzt, um endlich meinen Traumjob zu studieren – Sozialpädagogik. Mich hatten schon immer die unterschiedlichen Geschichten von Menschen und ihre Beweggründe für Entscheidungen interessiert. Finanziell 100% auf mich allein gestellt macht ich mein Abi in Potsdam begann anschließend mein Studium in der Nähe von Chemnitz. Ich studiert und arbeitete, um meine Miete und meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Was ich für Jobs machte… Seitdem weiß ich, dass ich immer über die Runde kommen werde, denn egal ob kellnern, Regale einräumen, Promotion es reichte, um mich und mein Herzenstudium zu finanzieren. Und da Geld für mich nie die entscheidende Rolle gespielt hat und mein positives Lebensgefühl im Mittelpunkt steht, passte es perfekt.
Nach Abschluss meines Studiums arbeitete ich in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit – Streetwork, Wohnmungslosenhilfe, Suchtberatung. Ich war neugierig, fand es wunderbar Menschen ein Stück auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Ich habe so viele Schicksale, Lebensgeschichte, Einblicke in Lebensentwürfe bekommen, dass ich immer dankbarer und demütiger gegenüber meines eigenen Lebens wurde.
Kinder spielten für mich in meiner Arbeit oder in meinem Umfeld eine Rolle. Ich selbst wusste immer, dass ich erstmal eine innere Stabilität und Reife haben wollte, bevor ich mich an die Familiengründung wagte. Dann traf ich einen Mann, mit dem das möglich schien, jedoch blieben uns, trotz aller Bemühungen, die eigenen Kinder verwehrt.
Dennoch habe ich auf eine andere Art meine Kinder bekommen. Als klar war, dass wir keinen eigenen Kinder haben werden, setzten sich mein damaliger Mann und ich uns zusammen und schrieben auf ein großes Blatt, alle Optionen, die uns jetzt offen standen. Dort stand dann: Für eine Zeit ins Ausland gehen, um die Welt reisen, kinderlos bleiben und kinderlos das Leben genießen. Wir waren uns einig, dass diese Optionen für uns zur Zeit nicht in Frage kamen, da wir ja beide den Wunsch nach einer Familie mit Kind verspürten. Unser Blick richtete sich auf die verbleibende Option: ein Kind adoptieren oder in Pflege nehmen. Wir beschlossen noch an diesem Abend, wir fangen an, Schritt für Schritt, diesen Weg zu gehen. Versprachen uns jedoch, sollte einer von uns diesen Weg nicht weitergehen wollen, das ganz klar zu sagen.
Am nächsten Tag rief ich beim Jugendamt an und vereinbarte mit der zuständigen Abteilung einen Informationstermin.